Texte

WERNER RICHTER--- IST---

Mensch

Mastermind Wildwuchs

Forscher

60 Jahre Überlebender

BilderMaler

Experte für Alles und Nichts

Direktor der radikalen Bienenzüchter

Ehrenmitglied der französischen Künstlergruppe NoNo

Sammler von authentischen Gefühlen

Vizestadtmeister Bad Tölz im Extremweitwandern

Lebensfreund von Dr. Prof. Franz W. Lucke

Freund und Kamingesprächspartner von Hans –Peter Dürr

Bürger keiner Heimat

Freiwillige Versuchsperson des Projekts „Wir lieben Alle“

Ordensträger in der Disziplin des „Niederliebens“

Mensch ohne Wichtigkeiten

Teil eines Plans

Gewürz der Ursuppe

Amen - Frieden

So ist es

Oder auch nicht


zu den bildern von werner richter

wenn ich hier mit sätzen über die bilder von werner richter schreibe, dann können diese sätze maximal hinweise sein, wie man auf diese bilder schaut, um sie in ihrer tiefe, ihrer bedeutung zu sehen.

die über ein bild geäußerten sätze verhalten sich zum bild wie die landkarte zur landschaft. diese beiden zu verwechseln, scheint mir heute ein weitverbreitetes mißverständnis zu sein.

ich kann also nicht über die bilder selbst schreiben, sondern lediglich über bedingungen außerhalb des bildes: über verwendete materialien, über den prozeß der entstehung, über motivationen, etc. mit einem wort, über die geschichte des bildes.

zunächst das material: das material drängt sich auf, es drängt danach, geformt zu werden.

den bildern von werner richter sieht man sofort deren materialpräsenz an.

farbe, textur, collage, zeichnung, symbol sind in einem dichten geflecht von überlagerungen und schichtungen zu einem breiten feld von assoziationsketten verwoben.

die solcherart zusammengestellten und kombinierten materialien folgen keinem linearen, zeitlichen oder räumlichen ablauf, sie bilden kompakte einheiten gegenseitiger durchdringung.

die so verwendeten materialien mischen sich zu einer stimmigen synthese, die ihren grund im prozess des entstehens hat.

die geschichte der entstehung ist letztlich das einzige, das sich über ein bild sagen läßt. bei werner richter ist es ein bewußtes einlassen auf diesen prozeß. durch einen bestimmten impuls, etwa durch einen gedanken, ein gefühl, ein erlebnis, eine befindlichkeit wird der prozeß auf der leinwand, dem bildträger, in gang gebracht. mit konzentration und mit beharrlichkeit gewinnt dieser prozeß durch auftrag, linienführung, komposition, etc. an bewegung. indem man sich auf die dynamik des entstehens, des machens, der bildherstellung einläßt, erscheint sukzessive jenes bild auf der leinwand, das man zuvor noch nie gesehen hat, und das man – wenn alles gut geht – wenn alles stimmt, irgendwann für beendet erklärt.

der prozeß des malens und der materialbearbeitung selbst hat in gewisser weise das bild hervorgebracht.

neben dem material und dem prozeß ist die motivation ein entscheidender moment für die bildentstehung. bei werner richter ist es die erforschung innerer bildwelten. ein eintauchen in das reservoir archetypischer vorbilder und persönlicher chiffren. ein reich wiederkehrender grundmotive wie schiff, rad, tier, krone fügen sich in der dynamik des bildherstellens zu rätselhaften wendungen. die art, wie durch das verwendete material und den ablaufenden gestaltungsprozeß diese inneren bildwelten zu neuen kompositionen gefügt werden, schafft in gewisser weise auch ein therapeutisches potential. die schöpferische gestaltung wirkt wie medizin. wie die medizin des schamanen ist auch das bild in der lage die inneren psychisch mentalen kräfte mit äußeren formen in einklang zu bringen. genau das versucht der schamane durch seine therapeutischen interventionen: das innere und das äußere in eine gemeinsame stimmige form zu bringen, wobei auch hier auf ein mögliches mißverständnis hingewiesen werden muß.

der künstler ist nicht einfach sein eigener therapeut, sondern wenn der künstler therapeutischen nutzen aus seiner arbeit zieht, dann ist dies ein maximal willkommener nebeneffekt.

das künstlerische werk hätte aber keinerlei allgemeine bedeutung, es wäre lediglich der private ausdruck einer genesung.

doch jedes kunstwerk beansprucht zu recht allgemeingültigkeit. dieser anspruch ist gleichsam seine rechtfertigung.

auch wenn das kunstwerk für den einzelnen künstler von therapeutischer wirkung sein kann, so besteht sein wert und seine bedeutung in einer form der erkenntnis, einer seh- erkenntnis.

der betrachter ist dazu aufgerufen, diese form der gesehenen erkenntnis nachzuvollziehen.

Dr. Walter Meissl- Wien- Philosoph, Schriftsteller, Bildender Künstler - 2010